Humboldt-Universität zu Berlin - Mathematisch-Naturwissen­schaft­liche Fakultät - Institut für Physik

Forschungs-Highlights des Instituts für Physik

Aus Singles werden Paare: Neue Erkenntnisse über die Lichtstreuung von Atomen

Forscher:innen der Humboldt-Universität zu Berlin demonstrieren einen überraschenden Effekt am Fluoreszenzlicht eines einzelnen Atoms
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Link zur Pressemitteilung der HU

 

Forscher:innen der HU und des Ferdinand-Braun-Instituts kommen dem Quanteninternet einen wichtigen Schritt näher

Der Grundstein für 1000-fache Verbesserung der Kommunikationsraten zur Überbrückung weiter Distanzen

Diamant ist von großer Bedeutung für Zukunftstechnologien wie das Quanteninternet. Spezielle Defektzentren können als Quantenbits (Qubits) genutzt werden und einzelne Photonen aussenden. Um eine Datenübertragung mit praktikablen Kommunikationsraten über weite Distanzen im Quantennetzwerk zu ermöglichen, müssen alle Photonen in Glasfasern eingesammelt und übermittelt werden, ohne verloren zu gehen. Dabei muss außerdem gewährleistet werden, dass diese Photonen alle die gleiche Farbe, also die gleiche Frequenz, haben. Dies war bisher unmöglich.

Forscher:innen der Arbeitsgruppe „Integrierte Quantenphotonik“ unter der Leitung von Prof. Dr. Tim Schröder an der Humboldt-Universität zu Berlin ist es weltweit zum ersten Mal gelungen, Photonen mit stabilen Photonenfrequenzen zu erzeugen und nachzuweisen, die von Quantenlichtquellen, oder, genauer gesagt, von Stickstoff-Fehlstellen-Defektzentren in Diamantnanostrukturen emittiert wurden. Dies wurde durch eine sorgfältige Wahl des Diamantmaterials, hochentwickelte Nanofabrikationsmethoden durchgeführt im Joint Lab Diamant Nanophotonik des Ferdinand-Braun-Instituts, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik und spezielle experimentelle Kontrollprotokolle ermöglicht. Durch die Kombination der Methoden kann das Rauschen der Elektronen, das bisher die Datenübertragung gestört hat, signifikant reduziert werden und die Photonen werden auf einer stabilen (Kommunikations-) Frequenz ausgesendet.

Zudem zeigen die Berliner Forscher:innen, dass man perspektivisch mit Hilfe der entwickelten Methoden die gegenwärtigen Kommunikationsraten zwischen räumlich getrennten Quantensystemen mehr als 1000-fach erhöhen kann, so dass sie einem zukünftigen Quanteninternet einen wichtigen Schritt näher gekommen sind.

Die Wissenschaftler:innen haben einzelne Qubits in optimierte Diamantnanostrukturen integriert. Diese Strukturen sind 1000-mal dünner als ein menschliches Haar und ermöglichen es, einzelne ausgesendete Lichtteilchen in Glasfasern gerichtet zu überführen. Bei der Herstellung der Nanostrukturen wird allerdings die Materialoberfläche auf atomarer Ebene beschädigt und freie Elektronen erzeugen unkontrollierbare Störungen für die erzeugten Lichtteilchen. Ein Rauschen, das vergleichbar ist mit einer unstabilen Radiofrequenz, führt zu Schwankungen in der Photonenfrequenz und verhindert somit erfolgreiche Quantenoperationen, wie beispielsweise Verschränkung.

Eine Besonderheit in dem genutzten Diamantmaterial ist, dass relativ viele Fremdatome (Stickstoff) in dem Kristallgitter vorhanden sind. Diese schirmen möglicherweise die Quantenlichtquelle von Störelektronen an der Oberfläche der Nanostruktur ab. „Die genauen physikalischen Prozesse müssen allerdings in Zukunft noch näher untersucht werden“, erklärt Laura Orphal-Kobin, die gemeinsam mit Prof. Dr. Tim Schröder an den Quantensystemen forscht. Unterstützt werden die Schlussfolgerungen aus den experimentellen Beobachtungen mit statistischen Modellen und Simulationen, die Dr. Gregor Pieplow aus der gleichen Forschungsgruppe gemeinsam mit den Experimentator:innen entwickelt und implementiert.

 

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Abbildung 1: Künstlerische Darstellung ein Quanten-Netzwerks basierend auf optisch addressierbaren Defekt Zentren in Diamant.

Publikation

Optically Coherent Nitrogen-Vacancy Defect Centers in Diamond Nanostructures

Laura Orphal-Kobin, Kilian Unterguggenberger, Tommaso Pregnolato, Natalia Kemf, Mathias Matalla, Ralph-Stephan Unger, Ina Ostermay, Gregor Pieplow, und Tim Schröder

Physical Review X (2023)

Link zur Publikation 

DOI: 10.1103/PhysRevX.13.011042

Kontakt

Laura Orphal-Kobin
Tel: 030 2093 82146

orphal@physik.hu-berlin.de

Prof. Dr. Tim Schröder

Tel.: 030 2093 82140
tim.schroeder@physik-hu-berlin.de

Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Physik,
AG Integrierte Quantenphotonik, Ferdinand-Braun-Institut,
Joint Lab Diamond Nanophotonics

 

Ein Lichtverstärker für effiziente Glasfasernetzwerke

Glasfasern sind heute das Rückgrat unserer Informationsgesellschaft. Um in Glasfasernetzen Daten mittels Lichts über große Strecken zu übertragen, muss das Licht jedoch in regelmäßigen Abständen nachverstärkt werden, um die auftretenden Verluste zu kompensieren. Hierfür kommen sogenannte Repeater zum Einsatz. Eine wichtige Repeater-Bauart beruht dabei auf der Verstärkung von Licht mittels des Lasereffekts. Hierfür werden Atome innerhalb der Glasfaser in einen angeregten Zustand versetzt und dann von dem zu verstärkenden Licht stimuliert, ihre gespeicherte Energie in Form von zusätzlichen Lichtteilchen abzugeben. So kommt aus dem Laserverstärker mehr Licht heraus als hineingeht. Unter gewöhnlichen Umständen würde ein Laserverstärker vorwärts und rückwärts laufendes Licht gleichermaßen verstärken, da Atome runde Teilchen sind und daher in alle Richtungen gleichermaßen zusätzliche Lichtteilchen abgeben würden. In Glasfasernetzwerken kann dies zum Problem werden, wenn zum Beispiel in der Rückwärtsrichtung laufende Störsignale verstärkt werden. Forscher um den Quantenphysiker Arno Rauschenbeutel an der Humboldt-Universität zu Berlin haben nun einen neuartigen Weg aufgezeigt, um Atome dazu zu bewegen, das Licht in einer Glasfaser nur in eine Richtung zu verstärken. Hierfür zwängten sie das in der Glasfaser geführte Licht durch eine Verjüngung, in der die Glasfaser hundertmal dünner ist als ein menschliches Haar. Das Licht in solch einer ultradünnen Glasfaser ragt dann ein winziges Stück über deren Oberfläche hinaus – man spricht hier von einem evaneszenten Lichtfeld. „Durch die Wechselwirkung zwischen der Lichtwelle und der ultradünnen Glasfaser wird der Schwingungszustand des Lichtfelds verändert. Das evaneszente Feld dreht sich dann wie der Rotor eines Helikopters", erklärt Arno Rauschenbeutel. Die Drehrichtung hängt dabei davon ab, ob das Licht in der Glasfaser vorwärts oder rückwärts läuft. Einmal schwingt das Licht im Uhrzeigersinn, einmal dagegen. Ausbreitungsrichtung und Schwingungszustand des Lichts sind also fest miteinander verknüpft. Wenn man nun Atome mit Laserlicht in Rotation versetzt und an das evaneszente Feld der ultradünnen Glasfaser koppelt, kann man erreichen, dass sie sich bezüglich der beiden Licht-Rotationsrichtungen unterschiedlich verhalten. „Das Lichtfeld in der Vorwärtsrichtung hat den gleichen Drehsinn wie die Atome und wird von diesen verstärkt. Das Lichtfeld in der Rückwärtsrichtung, das sich andersherum dreht als die Atome, wird von diesen hingegen nicht beeinflusst", sagt Philipp Schneeweiß, der gemeinsam mit Arno Rauschenbeutel an den Lichtverstärkern forscht. Diesen Effekt demonstrierten die Forscher in einem Experiment: Sie kühlten einige hundert Atome auf eine Temperatur von wenigen Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt ab, sodass diese fast stillstanden und sich entlang der ultradünnen Glasfaser aufreihen ließen. Obwohl nur etwa so viele Atome zum Einsatz kamen wie sich insgesamt in einem einzelnen Insulinmolekül befinden, verstärkten diese das Licht in der einen Richtung um den Faktor zwei. In der Gegenrichtung änderte sich die Stärke des Lichts dagegen nicht. Die Forscher sind optimistisch, dass das demonstrierte Prinzip schon bald praktische Anwendungen finden wird. Außer in Glasfasernetzwerken könnte es auch in supraleitenden Quantenschaltkreisen verwendet werden, die in bestimmten Quantencomputern zum Einsatz kommen. „Dort wäre es insbesondere von Vorteil, dass unser Ansatz im Gegensatz zu anderen ohne Magnetfelder auskommt, denn die lassen sich nicht gut mit Supraleitern kombinieren" erläutert Arno Rauschenbeutel.

 

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Abbildung 1: Künstlerische Darstellung des Nano-Repeaters. Licht durchläuft eine ultradünne Glasfaser und ragt ein Stück weit über deren Oberfläche hinaus. Atome in der Nähe der Faser werden optisch angeregt und im Uhrzeigersinn in Rotation versetzt. Dank der speziellen Eigenschaften des Lichtfelds um die ultradünne Glasfaser verstärken die Atome das Licht nur, wenn es von links nach rechts läuft. (Grafik: HU Berlin)

 

Publication

Atomic spin-controlled non-reciprocal Raman amplification of fibre-guided light

Sebastian Pucher, Christian Liedl, Shuwei Jin, Arno Rauschenbeutel & Philipp Schneeweiss, Nature Photonics 16, pages 380–383 (2022)

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Arbeitsgruppe Grundlagen der Photonik

 


FAIRe Forschungsdaten für die Materialwissenschaften:
Das FAIRmat-Konsortium unter Leitung der Humboldt-Universität beschreibt sein Konzept für zugängliche Forschungsdaten im renommierten Fachjournal Nature

Der Lebensstil unserer Gesellschaft wird in hohem Maße von den Errungenschaften der Physik der kondensierten Materie, der Chemie und den Materialwissenschaften bestimmt. Touchscreens, Batterien, Elektronik oder Implantate: Viele neue Produkte in den Bereichen Energie, Umwelt, Gesundheit, Mobilität und Informationstechnik beruhen weitgehend auf verbesserten oder sogar neuartigen Materialien. Die enormen Mengen an Daten, die täglich in diesen Forschungsfeldern produziert werden, stellen einen neuen Rohstoff dar – und sind damit Gold wert. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass diese Daten umfassend charakterisiert werden und der Wissenschaft zur Verfügung stehen.

FAIRe Daten für eine gemeinsame Nutzung
Das Konsortium FAIRmat ("FAIR Data Infrastructure for Condensed-Matter Physics and the Chemical Physics of Solids") unter der Leitung von HU-Professorin Claudia Draxl hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Rohstoff zu veredeln, also Daten in Wissen und Wert zu verwandeln. Ein Grundbaustein dafür ist eine Dateninfrastruktur, die es ermöglicht, Daten „FAIR“ zu machen, also auffindbar (Findable), zugänglich (Accessible), interoperabel (Interoperable) und wiederverwendbar (Re-purposable). „Mit einer „FAIRen“ Infrastruktur können Daten problemlos gemeinsam genutzt und mit Methoden der Datenanalyse und mit Künstlicher Intelligenz erforscht werden. Dieser Zugang wird die Art und Weise, wie Wissenschaft heute betrieben wird, deutlich verändern“, so Claudia Draxl.

Im Fachjournal Nature beschreiben die Wissenschaftler:innen nun, wie die erfolgreiche Umsetzung einer solchen Dateninfrastruktur für den Bereich der Materialwissenschaften aussehen kann. Der Beitrag erscheint heute im Format „Perspectives“, in dem das Magazin zukunftsweisende Beiträge veröffentlicht, die zu Diskussionen und neuen wissenschaftlichen Ansätzen anregen.

Das Konsortium FAIRmat ist Teil der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI). Das Projekt basiert auf den umfassenden Erfahrungen mit der weltweit größten Dateninfrastruktur der computergeschützten Materialwissenschaften, dem Novel Materials Discovery (NOMAD) Laboratory, welche von Claudia Draxl mitaufgebaut wurde und seit 2014 online ist. Die größten Herausforderungen für FAIRmat liegen in der Integration der Vielzahl von experimentellen Charakterisierungstechniken und Methoden der Materialsynthese.

 

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Abbildung 1: Die Wirkweise des FAIRmat-Konsortiums (Copyright: FAIRmat).

Publication

FAIR data enabling new horizons for materials research

Matthias Scheffler, Martin Aeschlimann, Martin Albrecht, Tristan Bereau, Hans-Joachim Bungartz, Claudia Felser, Mark Greiner, Axel Groß, Christoph Koch, Kurt Kremer, Wolfgang E. Nagel, Markus Scheidgen, Christof Wöll, and Claudia Draxl, Nature 604, pages 635–642 (2022)

Kontakt

Zur Website von FAIRmat

Prof. Dr. Claudia Draxl Institut für Physik / IRIS Adlershof Humboldt-Universität zu Berlin Tel.: 030 2093-66363 E-Mail: claudia.draxl--at--physik.hu-berlin.de

 


 

AIP Scilight: Quantenreibung könnte physikalische messbar werden

Quantenreibung, ein Phänomen, das bei der kontaktlosen Bewegung von Objekten relativ zueinander am absoluten Nullpunkt der Temperatur entsteht, beruht allein auf der Modifikation der elektrodynamischen Felder im Raum durch die Materialien der beiden Körper. Das American Institute of Physics (AIP) hat einen Artikel von Daniel Reiche, Francesco Intravaia und Kurt Busch in Applied Physics Letters Photonics mit einem AIP Scilight geehrt, in dem diese Arbeit als besonders interessant und bedeutend hervorgehoben wird. Experimente mit dem Ziel, diese sehr geringe Kraft der Quantenreibung nachzuweisen, haben bisher kein eindeutiges Ergebnis erzielen können. Die Autoren kombinieren in ihrem Artikel Quantenfeldtheorien und Statistische Physik im Nichtgleichgewicht, sowie Atom- und Materialphysik um damit die optimalen Bedingungen für neue Experimente zu postulieren, welche in der Lage sein sollten, Quantenreibung physikalisch eindeutig messbar zu machen.

 

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Abbildung 1: Schematische Darstellung der Quantenreibung, die durch Vakuum Fluktuationen an Grenzflächen entsteht.

AIP Scilight: https://doi.org/10.1063/10.0009790

Publication

Wading through the void: Exploring quantum friction and nonequilibrium fluctuations

D. Reiche, F. Intravaia, K. Busch, APL Photonics 7 (2022) 030902

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Arbeitsgruppe Theoretische Optik/Photonik

 


 

Bremsstrahlung von Schwarzen Löchern und Neutronensternen aus der Quantenfeldtheorie

 

Visualisierung der gravitativen Bremsstrahlung aus der Streuung zweier schwarzer Löcher
Fig 1: Visualisierung der gravitativen Bremsstrahlung aus der Streuung zweier schwarzer Löcher (BSc-Arbeit O. Babayemi)

 

Wenn zwei massive Objekte (Schwarze Löcher, Neutronensterne oder Sterne) aneinander vorbeifliegen, lenken die gravitativen Wechsel­wirkungen nicht nur ihre Bahnen ab, sondern sie erzeugen auch Gravi­tations­strahlung oder gravitative Brems­strahlung, in Analogie zum Elektro­magnetismus. Die resultierende Gravi­tations­wellen eines solchen Streu­er­eignis­ses wurden in führender Ordnung in der Newton’schen Gravi­tations­konstante bereits in den 1970er Jahren mit traditio­nellen Methoden der All­gemeinen Rela­tivi­täts­theorie in einer umfang­reichen Serie von vier Arbeiten berechnet. Brems­strahlung­sereignisse sind für die aktuelle Generation von Gravi­tations­wellen­detek­toren noch uner­reichbar, da das Signal nicht periodisch und typischer­weise weniger intensiv ist. Dennoch sind sie interessante Ziele für zukünftige Suchen mit zukünftigen erd- und welt­raum­basierten Obser­vatorien.

In der AG Quanten­feld­theorie um Prof. Plefka (IRIS Adlerhof-Mitglied) wurde nun ein neuer Ansatz zur Bestimmung dieser Wellen­formen (Fig 1) und den Ab­lenkungen mit Methoden der pertur­bativen Quanten­feld­theorie entwickelt, der sich als deutlich effizienter als die traditio­nellen Zugänge erweist. Er basiert auf einer hybriden Quanten­feld­theorie, in der die schwarzen Löcher (oder Sterne) als Punkt­teilchen idealisiert werden und mit der Gravi­tations­feld wechsel­wirken. Die Berechnung fußt dann auf einer systema­tischen diagramma­tischen Ent­wicklung mittels Feynman­graphen. D.h. die Methoden die ursprünglich für die Streuung von Elementar­teilchen entwickelt wurden können nun auch in astro­physikalischen Szenarien zum Einsatz kommen.

Mit dieser innovativen Methode - der „Worldline Quantum Field Theory“ - konnte kürzlich in einer Serie von drei Publikationen in Physical Review Letters unser Verständnis dieses grund­legenden physikalischen Prozesses deutlich erweitert werden. In [1] wurden die Ergebnisse aus den 1970er Jahre in weitaus effizienterer Weise reproduziert, hierzu war lediglich die Berechnung von drei Feynman­graphen (Fig 2) vonnöten. In [2] konnte die Wellenform für den Fall rotierender schwarzer Löcher und Neutronen­sterne erweitert werden. In einer kürzlichen Publikation [3] wurden die Streuwinlel und Änderungen in den Impulsen und Rotationen durch den Streuprozess in nächst-nächst-führender Ordnung der Gravitations­konstante erstmalig bestimmt. Hierbei kamen elaborierte Techniken zur Berechnung von Feynman­integralen zum Einsatz. Die Rotations­freiheits­grade der schwarzen Löcher können in dieser neuen Formulierung interessanter­weise mir einer super­symmetrischen Welt­linien­theorie beschrieben werden [4], die sonst in Erweiterungen des Standard­modells der Teilchen­physik zum Zuge kommt.

Diese Forschungen finden im Kontext des DFG Graduierten­kollegs 2575 „Rethinking Quantum Field Theory“ statt, das in Zusammenarbeit mit dem MPI für Gravitations­physik und DESY an Innovationen in der Quanten­feld­theorie forscht.

 

Feynman­graphen zur Bestimmung der Wellen­form
Fig 2: Feynman­graphen zur Bestimmung der Wellen­form. Die gepunkteten Linien repräsentieren die schwarzen Löcher, die Wellen die Gravitations­strahlung und die Linien Fluktuationen der Bahn der schwarzen Löcher.


Publikationen:

[1] Classical Gravitational Bremsstrahlung from a Worldline Quantum Field Theory
G. U. Jakobsen, G. Mogull, J. Plefka, and J. Steinhoff
Phys. Rev. Lett. 126 (2021) 201103
arxiv: 2101.12688 OPENACCESS
  [3] Conservative and radiative dynamics of spinning bodies at third post-Minkowskian order using worldline quantum field theory
G. U. Jakobsen and G. Mogull
erscheint in PRL
arxiv: 2201.07778 OPENACCESS
[2] Gravitational Bremsstrahlung and Hidden Supersymmetry of Spinning Bodies
G. U. Jakobsen, G. Mogull, J. Plefka, and J. Steinhoff
Phys. Rev. Lett. 128 (2022) 011101
arxiv: 2106.10256 OPENACCESS
  [4] SUSY in the sky with gravitons
G. U. Jakobsen, G. Mogull, J. Plefka, and J. Steinhoff
JHEP 2201 (2022) 027
arxiv: 2109.04465 OPENACCESS

 

Weitere Informationen:
Videos des Streuprozesses auf Youtube (aus der BSc Arbeit von O. Babayemi)

Kontakt:
Prof. Dr. Jan Plefka
Sprecher Graduiertenkolleg 2575 „Rethinking Quantum Field Theory“
Institut für Physik & IRIS Adlershof, Arbeitsgruppe Quantenfeld- und Stringtheorie
Email: jan.plefkahu-berlin.de
Tel: +49 (0)30 2093 66409
Sekr.: +49 (0)30 2093 66413
http://qft.physik.hu-berlin.de
https://www2.hu-berlin.de/rtg2575/

 


 

Die Jagd nach einer unberechenbaren Beute

Forscher untersuchen die Auswirkungen zufälliger Bewegungen bei einem Verfolgungsjagdproblem, bei dem Hunde ein Kaninchen jagen.

Ein klassisches Problem der Differentialrechnung ist die Berechnung der Laufbahn eines Hundes, der einen auf einer Gerade laufenden Hasen verfolgt. Davide Bernardi (IIT, Ferrara) und Benjamin Lindner (HU Berlin) haben diesem Spiel eine neue Wendung gegeben: einen sich zufällig bewegenden Hasen, der von einer deterministischen Hundemeute verfolgt wird (Abb.1). Das Modell lässt sich analytisch untersuchen, was bemerkenswerte Ergebnisse liefert: Je nach der Anzahl der Hunde, kann die mittlere Fangzeit als Funktion der Diffusionskonstante monoton aufsteigend, monoton absteigend oder nicht monoton sein. Im letzteren Fall gibt es ein Minimum. Darüber hinaus ergibt sich aus der Analyse, dass es eine optimale Geschwindigkeit und Anzahl der Verfolger gibt, bei denen der Energieverbrauch minimiert wird. Die Ergebnisse könnten für mikroskopische Verfolgungsprobleme relevant sein, z.B. zur Beschreibung von Nanorobotern, die sich selbst in Richtung eines bestimmten Ziels steuern können, oder von Mikroorganismen, die nach Nährstoffen suchen.

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Abbildung 1: Ein sich zufällig bewegender Hase wird von drei Hunden gejagt, die sich immer in Richtung des Hasen bewegen.

Von Michael Schirber, Corresponding Editor for Physics based in Lyon, France.

Englische Quelle: https://physics.aps.org/articles/v15/s10

Publication

Run with the Brownian Hare, Hunt with the Deterministic Hounds

Davide Bernardi and Benjamin Lindner

Published on 26. January, 2022 in Physical Review Letters

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Forschungs Gruppe Theorie komplexer Systeme und Neurophysik

 


 

Lichtblick für die Quantenforschung

Ein Forscherteam des Instituts für Physik der Humboldt-Universität zu Berlin hat mit Kooperationspartnern erstmals die Teilchenaustauschphase von Photonen direkt gemessen. Dieses Experiment liefert den direkten Beleg für ein erstaunliches Quantenphänomen, das nur bei völlig gleichartigen Quantenobjekten beobachtet wird. Damit kommt die Quantenforschung einen wichtigen Schritt voran

Von Lars Klaaßen

Die Teilchen, denen das Forscherteam auf der Spur ist, sind schwer zu fassen. Die Physiker untersuchen die Quantenteilchen der elektromagnetischen Wellen, auch Photonen genannt, aus denen Licht besteht. Photonen lassen sich nur dann unterscheiden, wenn sie unterschiedliche Wellenlängen haben, in unterschiedlichen Richtungen schwingen oder sich an verschiedenen Punkten in Raum und Zeit befinden. „Wenn zwei in Wellenlänge und Schwingungsrichtung ununterscheidbare Photonen aufeinandertreffen und sich wieder trennen, haben sie gewissermaßen ihre Identität verloren“, erläutert Kurt Busch. „Man stelle sich vor, wir schicken zwei Zwillinge durch zwei Türen in einen gemeinsamen Raum. Wenn Sie wieder hinaustreten, können wir nicht feststellen, ob sie dazu jeweils dieselbe Tür benutzt haben oder nicht“, ergänzt Oliver Benson. In der Quantenmechanik passiert dennoch etwas. Laut dem sogenannten Symmetrisierungspostulat gibt es zwei Kategorien von Elementarteilchen: Bosonen und Fermionen. Diese Arten von Teilchen unterscheiden sich dahingehend, was passiert, wenn man sie miteinander vertauscht. Im Beispiel hieße das, wenn jeder der Zwillinge den Raum aus der jeweils anderen Tür wieder verlässt. Bei Bosonen ändert sich nichts – bei Fermionen erhält die quantenmechanische Wellenfunktion, die die Teilchen beschreibt, einen Phasenschub, der auch Austauschphase genannt wird. „Im Zwillingsbeispiel kann man sich das vielleicht so vorstellen: Schicken wir die beiden Zwillinge im Gleichschritt in den Raum und kommen sie aus verschiedenen Türen wieder heraus, so sind sie weiterhin im Gleichschritt. Als Bosonen treten die Zwillinge mit demselben Bein voran aus dem Raum heraus, mit dem sie auch zuerst in Raum geschritten sind. Jedoch benötigen sie als Fermionen beide einen Schritt mehr und gehen beim Verlassen des Raumes nun mit dem anderen Bein voran“, so Benson. „Dass Photonen bosonisch sind, konnte bislang nur durch indirekte Messungen und mathematische Berechnungen gezeigt werden“, sagt Kurt Busch. „In unserem jüngsten Experiment haben wir die Teilchenaustauschphase von Photonen erstmals direkt gemessen und haben damit einen direkten Beleg für ihren bosonischen Charakter erbracht.“ Um die Austauschsymmetrie eines Zustandes für zwei identische Teilchen direkt nachzuweisen, hat das Team eine optische Apparatur mit einem Interferometer aufgebaut. Herzstück des Aufbaus - in der Größe eines kleinen Tisches - sind zwei Strahlteiler. Zwei Photonen wurden dann in das Interferometer geschickt und durch den Strahlteiler auf zwei verschiedene Wege geführt. Entlang einem der beiden Wege werden die Photonen miteinander vertauscht, während sie auf dem anderen unverändert bleiben. Am Ausgang des Interferometers wurden dann beide Photonen am zweiten Strahlteiler wieder überlagert. „Je nachdem, ob die Photonen bosonisch oder fermionisch sind, sind dann die beiden Photonen im Gleichschritt und verstärken sich oder sie sind außer Tritt und löschen sich aus“, erläutern die Physiker. Zukünftige Verbesserungen des Interferometers werden ein neues Werkzeug für Präzisionsmessungen mit Quantenlicht bereitstellen. Gleichzeitig etabliert das Experiment eine neue Methode zur Erzeugung und Zertifizierung von Quanten-Zuständen von Licht. Dies ist sehr wichtig im neuen Gebiet der Quanteninformationsverarbeitung, auf deren Basis derzeit neuartige, wesentlich leistungsfähigere Computer entwickelt werden.

Das Forscherteam der Humboldt-Universität zu Berlin hat das Experiment mit dem Max Born Institut und dem DLR-Institut für Optische Sensorsysteme durchgeführt.

Publikation

Direct observation of the particle exchange phase of photons

K. Tschernig, C. Müller, M. Smoor, T. Kroh, J. Wolters, O. Benson, K. Busch, A. Perez-Leija

Veröffentlichung am 03. Juni 2021 in Nature Photonics

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Arbeitsgruppe Theoretische Optik/Photonik

 


 

Topologischer Schutz versus Grad der Verschränkung von Zwei-Photonen-Licht in photonischen topologischen Isolatoren

In gemeinsamer Arbeit haben Forscher der Humboldt Universität zu Berlin, des Max-Born-Institut Berlin und der University of Central Florida (USA) notwendige Kriterien für den robusten Transport von verschränktem Zwei-Photon-Licht in photonischen topologischen Isolatoren herausgearbeitet, was den Weg ebnet hin zum rausch-resistenten Transport von Quanteninformationen. Die Ergebnisse sind nun in "Nature Communications" erschienen.

Topologische Isolatoren - ursprünglich in Festkörpersystemen entdeckt – sind zwei-dimensionale Materialien, die streuungs-freien (uni-direktionalen) Transport entlang ihres Randes erlauben, sogar im Beisein von Defekten und Unordnung. Im Wesentlichen sind topologische Isolatoren endliche Kristallgittersysteme in denen sich, mit passender Terminierung des zugrundeliegenden unendlichen Gitters, Randzustände bilden, welche innerhalb einer wohl-definierten Bandlücke zwischen den Volumenzuständen liegen. Mit anderen Worten, die Randzustände sind von den Volumenzuständen energetisch separiert, siehe Abb. (1).

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Abbildung 1: Topologische Isolatoren sind endliche Gittersysteme (a), welche Eigenspektren besitzen (b), bei denen die Eigenenergien der Volumenzustände (c) eine Bandlücke aufweisen, welche die Eigenenergien der Randzustände (d) umfasst.

Die Einzelteilchen-Randzustände in solchen Systemen sind von herausragender Bedeutung, da diese topologisch vor Streuung geschützt sind: Sie können weder in den Festkörper streuen, da ihre Energie in der Bandlücke liegt, noch können sie rückwärts streuen, weil rückwärts propagierende Randzustände entweder nicht existieren oder nicht an die vorwärts propagierenden Zustände gekoppelt sind.

Die Realisierbarkeit komplexer Hamilton-Operatoren mithilfe integrierter photonischer Gitter, kombiniert mit der breiten Verfügbarkeit von verschränkten Photonen, eröffnet die faszinierende Möglichkeit topologisch-beschützte, verschränkte Zustände in der optischen Quanteninformationsverarbeitung zu verwenden (siehe z.B. Science 362, 568, (2018) und Optica 6, 955 (2019).

Dieses Ziel zu erreichen ist jedoch nicht trivial, denn topologischer Schutz lässt sich nicht ohne weiteres auf Mehrteilchen (Rück-)streuung ausweiten. Zunächst erscheint dies kontraintuitiv, denn individuell ist jedes der Teilchen per Topologie beschützt, jedoch können verschränkte (korrelierte) Teilchenpaare höchst anfällig gegenüber Störungen des idealen Kristallgitters sein. Das zugrundeliegende physikalische Prinzip dieser offensichtlichen "Diskrepanz" ist, dass – quantenmechanisch gesehen – identische Teilchen durch Zustände beschrieben werden, die einer Austauschsymmetrie genügen.

In ihrer Arbeit erzielen die Forscher mehrere grundlegende Fortschritte hin zu einem detaillierten Verständnis und zur Kontrolle von topologischem Schutz im Kontext von Mehrteilchenzuständen:

  • Erstens, identifizieren sie die physikalischen Mechanismen, die eine Verwundbarkeit von verschränkten Zuständen induzieren und formulieren klare Richtlinien um Verschränkung zu maximieren, ohne dafür topologischen Schutz zu opfern.
  • Zweitens, etablieren und belegen sie ein Schwellenwert-artiges Verhalten der Verwundbarkeit von Verschränkung und finden Bedingungen für den robusten Schutz von hochgradig verschränkten Zuständen

Um genau zu sein, untersuchen sie den Einfluss von Unordnung auf ein Kontinuum von Zwei-Photonen Zuständen, welches von vollständig korrelierten bis hin zu vollständig anti-korrelierten Zuständen reicht und dabei auch komplett separable Zustände umfasst. In ihrer Analyse betrachten sie zwei topologische Gitter, ein periodisches und ein aperiodisches. Im periodischen Fall verwenden sie das hexagonale Haldane Modell und im aperiodischen Fall ein quadratisches Gitter, welches die Einteilchendynamik des Quanten-Hall-Effektes abbildet.

Die Resultate zeichnen einen klaren Weg hin zur Erzeugung robuster Wellenpakete – maßgeschneidert für die spezifisch vorliegende Unordnung. Insbesondere finden sie Grenzen für die Stabilität von verhältnismäßig stark verschränkten Zuständen, und damit praktische Richtlinien zur Erzeugung von nützlichen verschränkten Zuständen in topologischen photonischen Systemen. Schließlich zeigen diese Ergebnisse, dass, um Verschränkung zu maximieren ohne den topologischen Schutz zu verlieren, die spektrale Korrelationsverteilung von Zwei-Photonen Zuständen in einem wohl-definierten "Fenster des topologischen Schutzes" liegen muss, siehe Abb. (2).

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Abbildung 2: Um das topologische Fenster des Schutzes zu finden, betrachten die Forscher einen spektral breiten Produktzustand als Anfangszustand und propagieren diesen durch ein Ensemble von 1000 zufälligen Haldane Gittern. (a) Zeigt die spektrale Korrelationsverteilung des Anfangszustands und (b) das Ensemble-Mittel der Korrelationsverteilung im Rand-Rand Unterraum nach der Propagation durch das Ensemble von ungeordneten Gittern. Es zeigt sich, dass die einzigen Zwei-Photon Amplituden, die die durch Unordnung induzierte Streuung überleben, innerhalb der Region liegen, die durch das schwarze Quadrat markiert ist – das Fenster des topologischen Schutzes. Zu guter Letzt, zeigen (c) und (d) , jeweils, den Randmodenanteil E und das Produkt des Randmodenanteils mit der Schmidtzahl E · SN als Funktion der Varianzen des Anfangszustandes.

Publikation

Topological protection versus degree of entanglement of two-photon light in photonic topological insulators

Konrad Tschernig, Álvaro Jimenez-Galán, Demetrios N. Christodoulides, Misha Ivanov, Kurt Busch, Miguel A. Bandres, Armando Perez-Leija

Veröffentlichung am 30. März 2021 in Nature Communications 12, Article number: 1974 (2021)

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Arbeitsgruppe Theoretische Optik/Photonik


 

Stability of non-supersymmetric solutions of string theory

 

Hilltop-1.pngOne of string theory's most prominent predictions is that our universe has extra spatial dimensions that we do not observe directly. Instead, these extra dimensions are curled up into a small compact space. In order to yield any meaningful physics, these "compactifications" must be stable, much like a ball in a valley of a hill is stable since if it is pushed slightly to the side, it will roll-back to its initial position. By contrast, if the ball is at the top of a hill, a small push to the side will cause the ball to roll down the hill and far away from its original unstable position. Similarly, in an unstable compactification, a small deformation of the shape of the extra dimensions of string theory will cause the extra dimensions to rapidly expand to large size or even to collapse and form a rip in space. Typically, string compactifications are unstable, unless they possess supersymmetry, an elegant symmetry arising in string theory but which is not observed in the real world.

Adolfo Guarino (University of Oviedo), Emanuel Malek (Humboldt-Universität zu Berlin) and Henning Samtleben (École Normale Supérieure de Lyon) proved the stability of 7 non-supersymmetric solutions of string theory, consisting of a 4-dimensional negatively curved spacetime, called anti-de Sitter space, and 6 curled up dimensions making up a spherical shape. These form the first examples of stable string theory solutions containing anti-de Sitter space. While these solutions cannot be used to directly model our universe, they could provide the first models for 3-dimensional non-supersymmetric condensed matter systems via the "holographic principle". Moreover, this class of solutions are a stepping stone towards better understanding non-supersymmetric solutions of string theory in general.

Publikation

Stable Nonsupersymmetric Anti–de Sitter Vacua of Massive IIA Supergravity

Adolfo Guarino, Emanuel Malek, Henning Samtleben

Veröffentlichung am 10. Februar 2021 in Phys. Rev. Lett. 126 (2021) 061601

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Emmy Noether-Nachwuchs­gruppe "String Theory Flux Vacua"


 

Sharing is Caring! Mit FAIRem Datenmanagement und KI die Materialien der Zukunft entdecken

Podiumsdiskussion mit Prof. Claudia Draxl (HU) und Prof. Matthias Scheffler (HU und Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft), moderiert von Prof. Peter Frensch (HU, Vizepräsident für Forschung) auf der Berlin Science Week 2020

IMG_6783.jpgViele Produkte verdanken ihre Funktion neuartigen Werkstoffen, doch wie können wir Materialien finden, die besonders leistungsfähig sind und neue Technologien ermöglichen? Indem wir unser Wissen klüger verwerten!

Weltweit werden Unmengen von wissen­schaft­lichen Daten über Materialien generiert, ein Großteil davon wird jedoch als "Abfall" nicht weiter berücksichtigt, da diese Daten nicht dem konkreten Forschungsprojekt dienen. Für andere Forschungsansätze könnten sie aber wertvolle Informationen enthalten. Hier ist Umdenken gefragt: "Recycle the Waste!".

Auf der diesjährigen Berlin Science Week veranschaulichten Claudia Draxl und Matthias Scheffler, dass sich dieser Ansatz nur mit Künstlicher Intelligenz und einer FAIRen Dateninfrastruktur realisieren lässt. (FAIR steht für Findable, Accessible, Interoperable und Re-purposable.) Eine solche Infrastruktur ermöglicht den produktiven Umgang mit wissenschaft­lichen Daten und ist damit essenziell für die Entwicklung von Zukunfts­technologien.

Für die computergestützten Materialwissenschaften haben Draxl und Scheffler eine solche Infrastruktur bereits aufgebaut: Das NOMAD Lab ist die weltweit größte Datenbank für Materialeigenschaften, die mittlerweile 100 Millionen Berechnungen enthält. Draxl und Scheffler gehen noch einen Schritt weiter. Im Rahmen des NOMAD Center of Excellence entwickeln sie die rechnergestützten Materialwissenschaften zu neuen Anwendungsmöglichkeiten und bereiten sie so für die kommende Generation von Hoch­leis­tungs­­rechnern (exascale computers) vor.

Weitere Informationen

Video der Podiumsdiskussion

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Arbeitsgruppe Theoretische Festkörperphysik

Das Novel Materials Discovery (NOMAD) Laboratory

Das NOMAD Center of Excellence


 

Dichtefluktuationen in amorphem Silizium entdeckt

Erstmals gelang es mit Röntgen- und Neutronenstreuung an BESSY II und BER II in amorphem Silizium mit einer Auflösung von 0.8 Nanometern atomare Substrukturen zu identifizieren. Solche a-Si:H-Dünnschichten werden bereits seit Jahrzehnten in Solarzellen, TFT-Displays und Detektoren eingesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich drei unterschiedliche Phasen innerhalb der amorphen Matrix bilden, die Qualität und Lebensdauer der Halbleiterschicht dramatisch beeinflussen. Die Strukturaufklärung gelang in einer Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Physik der HU, dem Helmholtz-Zentrum Berlin und den Technischen Universitäten Eindhoven und Delft.

Silizium muss nicht kristallin sein, sondern lässt sich auch als amorphe Dünnschicht herstellen. Wird bei der Herstellung dieser Dünnschichten zusätzlich Wasserstoff eingelagert, entstehen so genannte a-Si:H-Schichten. Solche a-Si:H-Dünnschichten werden schon seit Jahrzehnten für verschiedene Anwendungen eingesetzt, zum Beispiel als Kontaktschichten in hoch effizienten Tandemsolarzellen aus Perowskit und Silizium. In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass das a-Si:H-Netzwerk keineswegs homogen amorph ist, sondern dass die amorphe Matrix von nanometergroßen Bereichen durchsetzt ist, die unterschiedliche lokale Dichte aufweisen, von Hohlräumen bis hin zu Bereichen mit extrem hoher Ordnung. Es gelang diese Inhomogenitäten in unterschiedlich hergestellten a-Si:H-Dünnschichten experimentell zu beobachten und quantitativ zu vermessen. Dafür wurden die Ergebnisse aus komplementären Messmethoden zu einem Gesamtbild kombiniert.

Auf der Nanometerskala wurden Hohlräume entdeckt, die etwas mehr als 10 fehlenden Atomen entsprechen, und sich wiederum in einem Abstand von etwa 1,6 Nanometern anordnen. Außerdem wurden nanometergroße Regionen entdeckt, in denen Silizium-Atome verglichen mit dem umgebenden Material besser geordnet vorliegen. Diese dicht geordneten Domänen (DOD) enthalten kaum Wasserstoff. Die DOD bilden Aggregate mit bis zu 15 Nanometern Durchmesser. Die DOD-Regionen können mechanische Spannungen im Material reduzieren und so zur Stabilität der a-Si:H-Dünnschicht beitragen. Die Leerstellen dagegen könnten die "Alterung" der Halbleiterschichten begünstigen.

Gezielte Optimierungen der Herstellungsverfahren hinsichtlich der nun entdeckten Substrukturen könnten neue Anwendungen ermöglichen, beispielsweise in der Entwicklung von Lichtwellenleitern für programmierbare photonische Systeme und im Bereich der Silizium-Batterietechnologie.

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Auf Basis der Messdaten errechnetes Strukturmodell von hochporösem a-Si:H, das sehr rasch abgeschieden wurde. Dicht geordnete Domänen (DOD) sind blau und Hohlräume rot gezeichnet. Die graue Schicht stellt die ungeordnete a-Si:H-Matrix dar. Die runden Ausschnitte zeigen die Nanostrukturen vergrößert bis zur atomaren Auflösung (unten, Si-Atome: grau, Si-Atome an den Oberflächen der Leerräume: rot; H: weiß) Bild: Eike Gericke/HZB

Publikation

Quantification of nanoscale density fluctuations in hydrogenated amorphous silicon

Eike Gericke, Jimmy Melskens, Robert Wendt, Markus Wollgarten, Armin Hoell, Klaus Lips

Veröffentlichung am 29. Oktober 2020 in Phys. Rev. Lett. 125 (2020) 18, 185501

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Prof. Simone Raoux, Institut für Nanospektroskopie des HZB


 

Quantenmikroskopie enthüllt unsichtbare Bio-Merkmale

Forscherinnen und Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin und des Experimental and Clinical Research Centers in Berlin zeigen, wie Quantenlicht das Gebiet der biomedizinischen Mikroskopie unterstützen kann. In ihrem neuen Experiment, das auf der Titelseite von "Science Advances" zu sehen ist, verwendet das Team verschränkte Photonen, um eine Gewebeprobe abzubilden, die mit "unsichtbarem" Licht im mittleren Infrarot (MIR) untersucht wird, ohne dieses Licht jemals zu sehen. Dadurch werden die normalerweise schwerwiegenden Probleme vermieden, die sich aus der schlechten Leistung und dem hohen Preis von breitbandigen MIR-Lichtquellen und Kameras ergeben. Stattdessen verwenden die Forscherinnen und Forscher einen normalen Laser und eine kommerzielle CMOS-Kamera. Dadurch ist dieser Ansatz für MIR-Mikroskopie nicht nur robust, schnell und rauscharm, sondern auch kostengünstig - was sie für Anwendungen in der realen Welt sehr vielversprechend macht. Dies zeigen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, indem sie Mikroskopaufnahmen einer Gewebeprobe aus einem Mausherz anfertigen.

Mausherz.jpg

Bild: Quantenmikroskopie eines Mausherzens. Verschränkte Photonen ermöglichen die Erstellung eines hochauflösenden MIR-Bildes unter Verwendung einer CMOS-Kamera und extrem niedrigen Beleuchtungs­intensitäten. Im Bild: Absorption (links) und Phaseninformation (rechts) aus einem Bereich in einem Mausherz. Der gelbe Balken entspricht 0,1 mm, was etwa der Breite eines menschlichen Haares entspricht.

Weitere Informationen

Nachricht der Humboldt-Universität zu Berlin

Publikation

Microscopy with undetected photons in the mid-infrared

Inna Kviatkovsky, Helen M. Chrzanowski, Ellen G. Avery, Hendrik Bartolomaeus, Sven Ramelow

Veröffentlichung am 14. Oktober 2020 in Science Advances 6, Issue 42

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Arbeitsgruppe Nichtlineare Quantenoptik


 

Versteckte Symmetrien in Massiver Quantenfeldtheorie

FigSixStars(1).pngTheoretische Modelle mit einem hohen Maß an Symmetrie sind in der Physik allgegenwärtig und oft der Schlüssel zur Entwicklung effizienter Methoden für komplexe Probleme. Wenn die Anzahl der Symmetrien eine kritische Schwelle überschreitet, wird ein System als integrabel bezeichnet, wobei ein Paradebeispiel das Kepler-Problem der Planetenbewegung ist. Während Integrabilität typischerweise mit einem breiten Spektrum mathematischer Methoden einhergeht, ist es oft schwierig, die zugrunde liegenden Symmetrien zu identifizieren. Zum ersten Mal wurden nun Strukturen der Quanten-Integrabilität im Kontext massiver Quantenfeldtheorien in vier Raumzeitdimensionen entdeckt. Florian Loebbert und Julian Miczajka (beide Humboldt-Universität) konnten zusammen mit Dennis Müller (NBI Kopenhagen) und Hagen Münkler (ETH Zürich) zeigen, dass große Klassen von meist ungelösten massiven Feynman-Integralen eine unendlich dimensionale Yangian Symmetrie aufweisen - ein Kennzeichen der Integrabilität. Diese mathematische Struktur ist sehr einschränkend und ermöglicht es, diese Bausteine der Quantenfeldtheorie vollständig zu fixieren, wie für erste Beispiele gezeigt werden konnte. Die beobachtete Yangian Symmetrie geht einher mit einer Erweiterung der wichtigen Struktur der konformen Symmetrie auf Situationen mit massiven Teilchen. Bemerkenswerterweise legt diese Entdeckung nahe, dass ähnliche Symmetriemerkmale auch in massiven Versionen der berühmten holographischen Dualität zwischen Eichentheorien und Gravitation verborgen sein können. Diese Ergebnisse wurden kürzlich veröffentlicht in Physical Review Letters 125 (2020) 9, 091602.

Publikation

Massive Conformal Symmetry and Integrability for Feynman Integrals
Florian Loebbert, Julian Miczajka, Dennis Müller, and Hagen Münkler
Veröffentlichung am 25. August 2020 in Phys. Rev. Lett. 125 (2020) 9, 091602

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Arbeitsgruppe Quantenfeld- und Stringtheorie


 

Jetting into the dark side: a precision search for dark matter

The nature of dark matter remains one of the great unsolved puzzles of fundamental physics. Unexplained by the Standard Model, dark matter has led scientists to probe new physics models to understand its existence. Many such theoretical scenarios postulate that dark matter particles could be produced in the intense high-energy proton–proton collisions of the LHC. While the dark matter would escape the ATLAS detector unseen, it could occasionally be accompanied by a visible jet of particles radiated from the interaction point, thus providing a detectable signal.

The ATLAS Collaboration set out to find just that. Today, at the International Conference in High-Energy Physics (ICHEP 2020), ATLAS presented a new search for novel phenomena in collision events with jets and high missing transverse momentum (MET). The search was designed to uncover events that could indicate the existence of physics processes that lie outside the Standard Model and, in doing so, open a window to the cosmos.

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A monojet event recorded by the ATLAS experiment in 2017, with a single jet of 1.9 TeV transverse momentum recoiling against corresponding missing transverse momentum (MET). The green and yellow bars show the energy deposits in the electromagnetic and hadronic calorimeters, respectively. The MET is shown as the red dashed line on the opposite side of the detector. (Image: ATLAS Collaboration/CERN)

Weitere Informationen

Physics Briefing, By ATLAS Collaboration, 27th July 2020

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Arbeitsgruppen Experimentelle Elementar- und Astroteilchenphysik und Hochenergiephysik


 

Direct measurement of quantum efficiency of single-photon emitters in hexagonal boron nitride

Single-photon emitters (SPEs) in two-dimensional materials are promising candidates for the future generation of quantum photonic technologies. In this work, we experimentally determine the quantum efficiency (QE) of SPEs in few-layer hexagonal boron nitride (h-BN). We employ a metal hemisphere that is attached to the tip of an atomic force microscope to directly measure the lifetime variation of the SPEs as the tip approaches the ℎ-BN. This technique enables nondestructive, yet direct and absolute measurement of the QE of SPEs. We find that the emitters exhibit very high QEs approaching (87±7)% at wavelengths of ≈580  nm, which is among the highest QEs recorded for a solid-state SPE

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Schematics of an experiment to measure the quantum efficiency of a single photon emitter in a two-dimensional material: A metal sphere very close to the emitter changes the spontaneous emission rate due to a quantum electrodynamic effect thus revealing its quantum efficiency.

Publikation

Direct measurement of quantum efficiency of single-photon emitters in hexagonal boron nitride
Niko Nikolay, Noah Mendelson, Ersan Özelci, Bernd Sontheimer, Florian Böhm, Günter Kewes, Milos Toth, Igor Aharonovich, and Oliver Benson
Optica 6 (2019), 1084-1088

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Arbeitsgruppe Nanooptik